Alexander Tomanek

Kochbuchmuseum

Die Geschichte vom Wiener Schnitzel


Das Wiener SchnitzelWiener Schnitzel mit Petersilienerdäpfel

 

Es gibt kein Wirtshaus in Österreich, welches ohne dem selbigen eine kulinarische Existenzberechtigung erhält. Neben dem Gulasch, welches man leider nicht mehr so oft auf den Speisenkarten der gutbürgerlichen Küche findet(aus welchen Gründen auch immer?), das bekannteste und doch auch unbekanntes Gericht, wenn man versucht es richtig zuzubereiten.

In der Auswahl der Zutaten und Zubereitung des „Bröselfetzen“ kann so viel falsch gemacht werden, dass es oft nicht verwundern darf, was manche Gastronomische Stätte anbietet.

Man findet Flaxen oder Fettränder im Fleisch, es wurde in altem Frittierfett gebacken, das Fleisch wurde zu dick oder zu dünn geschnitten und geklopft, usw…

Vielen Schnitzelgenießer ist auch nicht bekannt, dass ein wahres Wiener Schnitzel vom Kalb sein muss.

Dann gibt es noch die eine oder andere Streitfrage zu klären. Soll das Wiener Schnitzel nur gesalzen werden, oder darf man ein bisschen Pfeffer verwenden, Gehört das Fleisch dünn geschnitten und geklopft, oder eher dicker und weniger geklopft? Muss man die Panier fest andrücken oder nur leicht?

 

Nicht nur in der Zubereitung scheiden sich die Darstellungen in den unzähligen Kochbüchern der letzten zwei Jahrhunderte, auch in der Entstehung dieses Standardgerichtes gibt es mehr als eine Version.

Die wohl bekannteste ist die über den Feldherren Radetzky(1766-1858), welcher bei seinem Aufenthalt in der Lombardei Bekanntschaft mit dem „Costoletta milanese“ machte und dieses nach Wien mitbrachte. Wenn dies der Fall gewesen wäre, würden wir heute ein in der Pfanne gebratenes Kalbskotelette als Wiener Schnitzel genießen, denn nichts anderes ist ein Mailänder Schnitzel.

Viel einleuchtender wäre eine küchenhistorisch nachvollziehbare Variante, die man sich sehr einfach vorstellen kann.

Der Ursprung der Panier beginnt sicher dort, wo die Köche begonnen haben, Reste zu verwerten, und dies tat man sicher schon in vorchristlicher Zeit(Siehe Apicius). Man verarbeitete das alte und harte Brot unter anderem auch zu Bröseln, Grundlage für andere Speisen, welche mit dem alten Brot gebunden und eingedickt wurden. Irgendwann begann man damit, Speisen im schwimmenden Schmalz herauszubacken, und so ist es nicht weit hergeholt, wenn jemand die Idee hatte, vor dem Herausbacken das Fleisch zu panieren.

Im „wienerisch bewährten Kochbuch“ von Ignaz Gartler aus dem 18. Jahrhundert, finden wir zwar noch kein Wiener Schnitzel, aber jede Menge von Rezepten in welchen Brösel als Bestandteil verwendet wurden. Sei es um Saucen und Suppen zu binden, für Bäckereien und für „gebackene Hühner“:


Ignaz Gartler Wienerisches KochbuchIn Rezept Nr. 837 hat Ignaz Gartler die Zubereitung eines Backhuhn beschrieben. Man verfuhr damals sicher schon mit anderen Fleischsorten genauso. Möglicherweise war die Zubereitung von Bröselgebackenem so selbstverständlich, dass die Erwähnung in Kochbüchern unterblieben ist. Ebenso wurde in fast keinem Kochbuch der Zubereitung von Schweinefleisch Platz gegeben.

Das selbe Rezept finden wir schon 1719 in Conrad Hagger´s „Saltzburger Kochbuch“, von dem sich Ignaz Gartler einen Großteil seiner Rezepte abgeschrieben hat.

 

Wenn man alte Kochbücher genau durchforstet, finden sich diese Hinweise immer wieder. Die Bezeichnung „Wiener Schnitzel“ kennt man aber erst seit dem Ende des 19. Jahrhunderts, wo dieses Wort Einzug in die Speisenkarten der Gastronomie und in unsere Kochbücher gefunden hat.

Entstanden ist dieser Name sicher aus dem Umstand, dass es in Wien der vorigen Jahrhunderte üblich war, so ziemlich alles zu panieren und im Fett herauszubacken(Nebst Hühnern und Schnitzeln fand man die Panier auch auf Kalbsfüßen, Kalbsohren, Kalbshirn und Rind-Backfleisch).

 

Möglicherweise ist die Bezeichnung für unser Nationalgericht ein reiner Zufall?

 

 

Würde hier nun das perfekte Rezept für ein „Wiener Schnitzel“ stehen, hätte man die halbe Kochwelt Mitteleuropas beleidigt. Nachdem Geschmäcker verschiedenster Kultur und Ausprägung sich anmaßen, zu wissen, wie es geht, begnügen wir uns mit einer der weitgebräuchlichsten Darstellungen dieses Nationalgerichtes:

 

Das Fleisch sollte, wie schon erwähnt, aus der Schale vom dem Kalbschlögl geschnitten werden. Die Schnitzel in nicht ganz zentimeterdicke Scheiben schneiden und mit dem Schnitzelklopfer nicht zu dünn ausklopfen. Mit Salz bestreuen(eventuell mit Pfeffer?) und in griffigem Mehl, verquirlten Eiern und Semmelbröseln panieren.

Die Wahl des Fettes, in dem unser Schnitzel schwimmen soll, entscheidet heutzutage der Gesundheitszustand und die Vernunft des Verzehrenden. Die Verwendung von Schweineschmalz wäre die ursprünglichere, die Hinzunahme von hochwertigen Pflanzenfetten die vernünftigere Möglichkeit das Schnitzel herauszubacken.

Die klassische Beilage zu dem goldgelb gebackenem Stück Kalbfleisch sind in Butter geschwenkte und mit Petersilie bestreute Erdäpfel.

 

 

Der Kochbuch-Sammler
Der Gastronom Alexander Tomanek aus Steingraben bei Güssing sammelt alte Kochbücher. In seiner umfangreichen Sammlung ist auch das kleinste Kochbuch der Welt.
"Schatzkammer" in der Vinothek
Die Vinothek des Gasthofes von Alexander Tomanek ist zugleich eine kleine Schatzkammer: Dort befinden sich die Kochbücher, die der 40-jährige Schmankerlwirt inmehr als 20 Jahren zusammengetragen hat. Sein ältestes Exemplar stammt aus dem Jahr 1691.

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